Entscheidungen in digitalen Spielen

In der Abschlussarbeit meines Masterstudiums in Germanistik an der Universität Potsdam analysierte ich Entscheidungen in Computer- und Videospielen.

Einscheidungen werden in Romanen, Spielfilmen und anderen künstlerischen Ausdrucksformen von Charakteren als Handelnde in einer fiktionalen Erzählung getroffen. Der Rezipient kann über die dargestellten Konsequenzen nachdenken und sich zum Beispiel fragen, ob er in einer vergleichbaren Situation genauso gehandelt hätte. Vielleicht hätte er sich aber auch ganz anders entschieden. Und demnach anders gehandelt. Doch was wären dann die Konsequenzen gewesen? In einem digitalen Spiel ist dagegen der Spieler Handelnder in einer virtuellen und gleichermaßen fiktionalen Welt. Er trifft Entscheidungen, handelt demgemäß und erlebt die Konsequenzen dieser Handlungen in der Welt des Spiels.

Dabei sind Entscheidungen, Handlungen, Konsequenzen und Verantwortung miteinander verbunden, indem sie sich gegenseitig bedingen. Denn wenn aus einer Entscheidung keine Handlung resultiert, hätte man sich gar nicht entscheiden müssen. Und wenn eine Handlung, die auf einer Entscheidung basiert, keine Konsequenzen bewirkt, war die Entscheidung überflüssig und somit auch die Handlung. Und aufgrund der eingetretenen Konsequenzen einer Handlung (auf Basis einer Entscheidung) werden wiederum zukünftige Entscheidungen und dementsprechende Handlungen beeinflusst.

In digitalen Spielen ist es oftmals unmöglich, sich bestimmten Entscheidungen zu entziehen bzw. bestimmten Handlungen zu widersetzen, da das Spiel sonst nicht weitergeht. Vor allem bei schwierigen bzw. schwerwiegenden moralischen Entscheidungen ermöglichen digitale Spiele auf diese Weise moralische Erfahrungen, die mit keiner anderen fiktionalen Ausdrucksform gemacht werden können. Schließlich ist der Spieler Handelnder in einer virtuellen und gleichermaßen fiktionalen Welt und nicht nur Rezipient eines fiktionalen Geschehens. Daraus ergeben sich zahlreiche Probleme und Fragestellungen:

Doch wie ist es überhaupt möglich, im Zusammenhang mit digitalen Spielen von Moral zu sprechen? Es handelt sich dabei doch nur um Fiktionen. Und inwiefern können in digitalen Spielen überhaupt moralische Entscheidungen getroffen werden? Schließlich geht es doch letztlich nur darum, das Spiel zu gewinnen bzw. durchzuspielen, sodass alle Entscheidungen ausschließlich auf Strategie und Taktik zurückzuführen wären. Wie kann es demnach möglich sein, dass der Spieler dennoch Verantwortung für sein Handeln empfindet?

Zur Erläuterung dieser Thesen und daraus resultierender Fragen untersuchte ich in meiner Masterarbeit den Gesamtprozess von Entscheidungen in digitalen Spielen. Berücksichtigt habe ich dabei u.a. Deus Ex, Mass Effect, BioShock, Fallout 3, Portal, DEFCON, Hitman: Blood Money, Tropico 3, Metal Gear Solid 3: Snake Eater und Shadow of the Colossus.